
Es war am Ende des 18. Jahrhunderts. Die Kolonialeroberung von Westafrika war in vollem Gange. Aber das war nicht nur eine Geschichte zwischen Franzosen und Engländern, sondern einige einheimische Häuptlinge und Abenteurer wollten auch ihre Murmeln und Moneten aus dem Spiel herausholen. So stand plötzlich ein ganz wilder Kriegsherr in Guinea auf. Sein Name war Samory Touré und er war ein schlauer, geschickter Handelsmann, bevor er sich in die Truppe eines der vielen Clanchefs mit Namen Cissé eingliedern liess und er lernte dort die Kunst des Krieges und des Tötens und Plünderns. Und dann gründete er mit seinem Geld seine eigene Truppe und ging aus, auf Eroberung des Nordens des Sahelgebietes. Sehr schnell bekam er den Ruhm eines grausamen und zähen Feldherrn, und überall bedeutete sein Name Zerstörung, Blut und Brandstiftung. Überall und von allen war er gefürchtet wie ein wildes Biest voller Blutgier und Plünderungswut !
Und so kam er in den Norden der damaligen Elfenbeinküste. Dort aber in Korhogo, herrschte ein strammer und gerechter Mann als Häuptling des Stammes der Senufos, die arbeitstüchtige Landwirte waren. Sein Name war Gbon Coulibaly. Eines Morgens dann tauchte Samory vor dem bewachten Eingang seiner befestigten Siedlung auf, mit einigen seiner Bande. Die Wache ließ sie herein, weil sie schon angemeldet waren. Chef Gbon saß auf seinem Richterstuhl. Ungerührt schaute er sich lange den jungen stolzen und arroganten Kriegsherrn an. Dann sagte er zu ihm, ohne ihn zuerst mit die üblichen Formeln des Willkommens zu begrüßen :
- Zeig mir mal deine Hände !
Lange betrachtete er sie und dann sagte er :
- Die sind ganz weiß. Macht dein Schwert dir so weiße Hände ? Dann will ich dir einmal meine zeigen. Diese sind voller grauen unebenen Beulen vom langen Handhaben unserer breiten Hacke mit dem kurzen Stiel auf unsern Äckern. Dagegen ist dein Schwert nur ein Spielding… Und du bist gekommen, meine Söhne und die Söhne meines Stammes in den umgebenen Dörfern als Kriegsknechte mitzuschleppen ! Nein und niemals, du Mensch mit weißen Händen !… Jetzt, wenn du kämpfen willst, so kämpfen wir mit unseren Kräften !
Ich weiß nicht ob diese Geschichte Wahrheit ist oder Legende. Aber an diesem Tage hatten die Weisheit, die Kühnheit und der Mut des alten Gbon Coulibaly die Bosheit und Gier des arroganten Samory besiegt ohne Blutvergießen. Denn der zog sich leise zurück mit seiner ganzen Klicke und kam nie wieder in die Gegend der Senufos zurück !
Der Geist des Herrn weht wohin Er will, und die Samen der Weisheit des Wortes keimen in jedem gerechten Herzen.
Terre d’Afrique juin 2010.